Tibeter trotzen Truppenaufgebot

Beinahe schon traditionsgemäß erhöhen sich die Spannungen in Tibet in der Zeit um den Jahrestag des Volksaufstands von 1959. Die Behörden befürchten Protestaktionen und versuchen, diese schon im Keim zu ersticken. Unter anderem wurden auch in diesem Jahr bereits im Vorfeld des 10. März an mehreren Orten in Tibet die Sicherheitskräfte massiv verstärkt. Demonstrativ patrouillierten die Truppen durch die Straßen, sollten offensichtlich einschüchternd wirken. Besonders augenfällig geschah dies im nordosttibetischen Kloster Kumbum, wo die Bevölkerung zusammenströmte, um gemeinsam das Gebetsfest Monlam zu feiern. Beim Anblick der Bilder könnte man fast den Eindruck gewinnen, es seien mehr Polizisten als Pilger ins Kloster gekommen. Offenbar ließen sich die Menschen dadurch jedoch nicht von einem Besuch in Kumbum abhalten. Eine Bildergalerie finden Sie eingebettet in diesen ICT-Bericht. Sehr eindrucksvoll ist auch dieses kurze Video.
Allen Anstrengungen zum Trotz gelang es den Behörden auch nicht, den politischen Protest komplett zu unterbinden. So setzte sich in einem Dorf im osttibetischen Landkreis Ngaba (chin.: Aba) die Tibeterin Norchuk selbst in Brand und erlag am Abend des 5. März ihren Verletzungen. Das Alter der Mutter dreier Kinder namens Norshuk wird mit Ende vierzig angegeben. Anders als in den meisten vergleichbaren Fällen überließen die Behörden Norchuks Leichnam ihren Angehörigen, die ihn den traditionellen Riten entsprechend am nächsten Morgen kremieren konnten. Am 8. März forderte ein 18-jähriger Mönch des Klosters Kirti auf der Hauptstraße von Ngaba öffentlich die Rückkehr des Dalai Lama nach Tibet, bevor er von Polizisten festgenommen und an einen unbekannten Ort verbracht wurde. Gendun Phuntsok trug während seines Einzelprotests ein Porträt des Dalai Lama und war in einen gelben Khatag gehüllt, den traditionellen Glücks- und Segensschal der Tibeter. Weitere Einzelheiten finden Sie in einer Mitteilung der ICT.
Den vergeblichen Versuch der chinesischen Behörden, durch ihr massives Truppenaufgebot in Tibet die in öffentlichen Reden so gerne beschworene „Stabilität“ herzustellen, beleuchten wir auch in einem Beitrag auf unserem neuen Tibet-China-Blog, den Sie hier nachlesen können.

Kein Ende des Leidens

Die Selbstverbrennungen in Tibet und China haben seit Februar 2009 bereits 138 Opfer gefordert. In den meisten Fällen fanden die Menschen dabei den Tod, weniger als zwanzig Prozent überlebten ihre Selbstanzündung. Über ihr weiteres Schicksal ist oft nur wenig bekannt, da die Selbstverbrennungen von Tibetern für die chinesischen Behörden ein ausgesprochen sensibles Thema sind. Ihr Umgang mit den Überlebenden ist von äußerster Geheimhaltung geprägt, diese werden komplett abgeschottet. Erstmalig dokumentiert nun ein Bericht der International Campaign for Tibet systematisch den Umgang der chinesischen Behörden mit den Überlebenden von Selbstverbrennungen. Viele von ihnen werden Opfer von "Verschwindenlassen"; ihre Angehörigen bleiben oft monatelang im Unklaren darüber, ob sie überhaupt noch am Leben sind. Häufig sind die Überlebenden in behördlichem Gewahrsam gewaltsamer Behandlung ausgesetzt oder werden medizinisch nicht angemessen betreut. In einigen Fällen scheint das Interesse der Behörden an Geheimhaltung deutlich größer zu sein als die Sorge um das körperliche Wohlergehen der schwerverletzten Überlebenden von Selbstverbrennungen. In weiteren Fällen schlugen Polizisten nach dem Löschen der Flammen gar auf die Menschen ein.
Der Bericht "Tibetan survivors of self-immolation: repression and disappearance" wertet zwanzig Fälle aus Tibet aus, in denen die Menschen ihre Selbstverbrennung überlebt haben; hinzu kommen drei weitere Fälle aus dem Exil. ICT belegt, wie diese Menschen teilweise extremer physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt ist. Nicht selten kommt es vor, dass den Überlebenden eine angemessene medizinische Versorgung ganz oder teilweise verweigert wird. In vier Fällen kam es zur Amputation von Gliedmaßen gekommen. Ob dies medizinisch unausweichlich war, ist nicht geklärt. ICT fordert die internationale Gemeinschaft auf, sich dafür einzusetzen, dass die Aufenthaltsorte der überlebenden Opfer von Selbstverbrennungen bekannt gemacht und die Einzelheiten ihrer medizinischen Versorgung offen gelegt werden.
Die schlechte Behandlung der Überlebenden von Selbstverbrennungen in Tibet geht einher mit einer Repressionswelle gegen all diejenigen, die aus Behördensicht mit den Selbstanzündungen in Verbindung gebracht werden können. Betroffen von Strafaktionen der Behörden sind sowohl Freunde und Angehörige, als auch ganze Gemeinschaften. Unseren englischsprachigen ICT-Bericht „Tibetan survivors of self-immolation: repression and disappearance“ können Sie hier herunterladen.

Eine Stimme für Tibet

Ein ausgesprochen wichtiger Ort für die Debatte über die Menschenrechtslage in Tibet ist der UN-Menschenrechtsrat in Genf. Daher verfolgt die International Campaign for Tibet das dortige Geschehen mit großer Aufmerksamkeit, regelmäßig besuchen ICT-Vertreter die Sitzungen am Genfer See. Im vergangenen Monat stattete ICT-Präsident Matteo Mecacci dem UNO-Gremium seinen Anrittsbesuch ab. Er hatte dabei auch die Gelegenheit, zum Thema Religionsfreiheit in Tibet das Wort zu ergreifen. Matteo Mecacci kritisierte die Religionspolitik der chinesischen Regierung, insbesondere beklagte er die sich verschlechternde Lage der tibetischen Buddhisten. So verwies er unter anderem darauf, dass Mönche und Nonnen in Tibet 44 Prozent der politischen Gefangenen ausmachten. Mecacci missbilligte auch den Versuch des chinesischen Staates, mittels direkt dort stationierter Parteikader die Kontrolle über das Geschehen innerhalb der Klöster zu gewinnen. Den Wortlaut seines Statements, das er im Namen der Helsinki Foundation for Human Rights abgeben konnte, finden Sie auf der Webseite unserer US-Kollegen.
Das Statement erfolgte im Rahmen des interaktiven Dialogs zum Bericht des UN-Sonderberichterstatters über Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Begleitet wurde Mecacci vom Geschäftsführer von ICT-Deutschland, Kai Müller, der zugleich auch das UNO-Team der ICT leitet. Gemeinsam warben sie in Genf bei Treffen mit diplomatischen Vertretern um Unterstützung in der Tibet-Frage.

Tibetfahnen unterm Eiffelturm

"Europe stands with Tibet", "L’Europe soutient le Tibet" oder schlicht "Europa hält zu Tibet" lautete der Slogan einer Großdemonstration in Paris am 14. März. Tausende waren zur Unterstützung der Sache Tibets in der französischen Hauptstadt zusammengekommen, unter ihnen auch ICT-Präsident Matteo Mecacci, der deutsche ICT-Geschäftsführer Kai Müller und der Leiter unseres Büros in Brüssel, Vincent Metten. Die Veranstaltung war mit maßgeblicher Unterstützung von ICT organisiert worden. Einen kleinen Eindruck davon kann vielleicht unsere Bildergalerie vermitteln, die wir auf Facebook gestellt haben. Mehr Hintergrundinformationen vermittelt ein kurzer Bericht unserer US-Kollegen, den diese auf ihrer Webseite veröffentlicht haben. Darin erinnert ICT-Präsident Matteo Mecacci, der bei der Abschlusskundgebung eine Rede hielt, an den Anlass der Demonstration, den gescheiterten Volksaufstand in Tibet im Jahr 1959. Der Versuch der chinesischen Behörden, den Tibetern den Wunsch nach Ausdruck ihrer Identität und ihrer Verehrung für den Dalai Lama auszutreiben, sei ohne Erfolg geblieben, so Mecacci.
Eigens für die Tibet-Demonstration hat ICT übrigens eine Reihe von Karikaturisten und Künstlern darum gebeten, Cartoons zu zeichnen, die ihre Wahrnehmung der Situation in Tibet wiedergeben. Die daraufhin entstandenen Werke zeigen sehr deutlich die übermäßige Militarisierung Tibets, die Einschränkung der freien Meinungsäußerung und der Religionsfreiheit. Zur gleichen Zeit aber betonen sie auch den Widerstand des tibetischen Volkes und die gewaltlose Art seines Kampfes. Einige der Cartoons können Sie sich hier anschauen.

Ratschläge des Herzens

„Ratschläge des Herzens“, heißt ein Hörbuch, das zum 75. Geburtstag des Dalai Lama vor fünf Jahren veröffentlicht wurde. Zugleich ist es eines der Highlights im Tibet-Shop der ICT. Auf insgesamt vier CDs liest der prominente ICT-Unterstützer Hannes Jaenicke die Texte des gleichnamigen Buchs des Dalai Lama. Texte, die Denkanstöße geben und Möglichkeiten aufzeigen, eigene Schwierigkeiten zu überwinden und Gelassenheit und Glück zu finden. Hannes Jaenicke selbst sagt über den Dalai Lama: „Ich finde ihn einen unglaublich beeindruckenden, wahnsinnig klugen Mann, von dem wir sehr viel lernen können!"
Angesichts des am 6. Juli bevorstehenden 80. Geburtstags des Dalai Lama laden wir Sie zu einem Besuch unseres

Irmtraut Wäger: Amala – Mein Leben für Tibet

Unsere Arbeit

Tibetische politische Gefangene brauchen unsere Unterstützung!

Seit den landesweiten Protesten im letzten Jahr befinden sich immer noch mehr als 1.200 Tibeter in Haft oder sind „verschwunden“ – und müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlungen hinnehmen. Der Grund: viele haben auf friedliche Weise gegen die Verhältnisse in Tibet und die Politik Pekings auf dem Hochland protestiert. Grundlegende Rechte werden ihnen damit systematisch vorenthalten.
Die Situation in Tibet ist eine Menschenrechtskrise, die uns alle angeht. Helfen auch Sie wie Schauspieler Hannes Jaenicke bei unserer Kampagne für tibetische Gefangene auf www.missingvoices.net oder sehen Sie ein Statement von Hannes Jaenicke auf unserer Webseite, laden Sie ein eigenes Videostatement hoch oder nehmen Sie an unserer Appellaktion an Staatspräsident Hu Jintao teil!

So können Sie helfen!

Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende bei unserem Einsatz für die Wahrung der Menschenrechte und die Selbstbestimmung des tibetischen Volkes.
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So können Sie helfen!

Mit 5 € können Malstifte und Zeichenblöcke gekauft werden.
Mit 50 € können 5 warme Decken gegen die Kälte bezahlt werden.
Mit 250 € könnten fünf zusätzliche Betten angeschafft werden.
Internationaler Vorsitzender ist der bekannte Schauspieler Richard Gere (Foto). Er setzt sich bereits seit vielen Jahren aktiv für die Freiheit und die Selbstbestimmung Tibets ein.

ICT – News April 2009 Chinesisches Gericht verhängt Todesstrafe gegen Tibeter

Am 8. April hat das Mittlere Volksgericht in Lhasa zwei Tibeter zum Tode verurteilt. Ihnen wird vorgeworfen, Geschäfte von Han-Chinesen in Brand gesetzt zu haben und dadurch den Tod mehrerer Menschen verursacht zu haben. Es handelt sich dabei um die ersten Todesurteile im Zusammenhang mit den Unruhen in Lhasa vom März 2008. Insgesamt wurden vor dem Mittleren Volksgericht in Lhasa drei Fälle von Brandstiftung verhandelt, die sich einem Bericht der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge alle am 14. März 2008 ereignet haben sollen. Dabei hätten sieben Menschen den Tod gefunden. Zwei Angeklagte, deren Namen von Xinhua mit Losang Gyaltse und Loyar angegeben wurden, erhielten die Todesstrafe, zwei weitere Todesstrafen ergingen mit zweijährigem Aufschub, ein Angeklagter erhielt lebenslänglich. Todesstrafen mit Aufschub können in China bei guter Führung in lebenslange Haft umgewandelt werden. 
Der Meldung zufolge seien zwar alle fünf Angeklagten von Rechtsanwälten vertreten worden. Aus früheren Fällen ist jedoch bekannt, dass eine freie Wahl des Anwalts häufig unmöglich ist. So wurden im vergangenen Jahr 18 engagierte Bürgerrechtsanwälte massiv bedroht, sollten sie ihre Dienste Angeklagten in politisch sensiblen Verfahren anbieten. Generell muss davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen internationale Mindeststandards nicht eingehalten werden. Folter und Einschüchterung der Angeklagten sind an der Tagesordnung, die Gerichte stehen unter hohem Druck, ihre Urteile entsprechend den Erwartungen der politischen Führung zu fällen. ICT fordert die chinesischen Behörden auf, alle Urteile, die gegen Teilnehmer an den Protesten in Tibet vom März 2008 ergangen sind, unter der Teilnahme unabhängiger Beobachter zu überprüfen und in jedem Fall von der Anwendung der Todesstrafe abzusehen. Die Härte der ergangenen Urteile dürfte in keiner Weise geeignet sein zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Die Spannungen in Tibet dürften dadurch im Gegenteil nur noch erhöht werden.
Wenn Sie mehr über unseren weltweiten Einsatz für das tibetische Volk erfahren möchten, sehen Sie das
ICT-Video „20 Years ICT“.

„Tag der Befreiung der Leibeigenen“ provoziert Widerspruch

Mit großem Aufwand inszenierte die chinesische Staatsführung am 28. März in Lhasa die Feierlichkeiten zum „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ in Tibet. Tatsächlich aber markiert das Datum den 50. Jahrestag der Niederschlagung des tibetischen Volksaufstands. Damit begann die Phase der direkten Herrschaft Pekings über Tibet. Am 28. März verkündete der chinesische Ministerpräsident Zhou Enlai die Auflösung der tibetischen Regionalregierung. Dies bedeutete das vorläufige Ende des tibetischen Volksaufstands, der am 10. März begonnen hatte. In seinem Verlauf verloren mehrere zehntausend Tibeter ihr Leben, der Dalai Lama musste – begleitet von zahlreichen Flüchtlingen – seine Heimat verlassen und lebt seither im indischen Exil. Der neue Feiertag muss als Reaktion auf die massiven Proteste im März 2008 gesehen werden. Diese machten aller Welt deutlich, dass die chinesische Herrschaft von den Tibetern keineswegs als Befreiung empfunden wird. Mit massiver Propaganda soll nun der große Fortschritt gewürdigt werden, den China angeblich nach Tibet gebracht hat. Vor allem der chinesischen Öffentlichkeit gegenüber wird deshalb betont, wie unsagbar rückständig die gesellschaftlichen Verhältnisse in Tibet gewesen seien. Dabei wird vom Dalai Lama keineswegs bestritten, dass Tibet vor 1959 eine äußerst arme Gesellschaft war und dass es große Ungerechtigkeiten gab. Klar ist, dass der Dalai Lama längst schon Reformen eingeleitet hatte und Tibet auch ohne chinesische Herrschaft seinen eigenen Weg der Modernisierung gegangen wäre. Insofern ist der „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ eine Provokation für die tibetische Bevölkerung und ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die an einer Entspannung der Lage interessiert sind.

Missing Voices – prominente Unterstützer jetzt online

Neue prominente Unterstützer auf der neuen ICT-Webseite für politische Gefangene: Burkhardt Müller-Sönksen (FDP), Obmann im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages, Thomas Mann (CDU), Präsident der Tibet-Intergroup im Europäischen Parlament, jetzt mit Statements auf www.missingvoices.net. Machen Sie mit: auch Sie können uns Ihr Video zuschicken und damit den vielen inhaftierten Tibetern symbolisch eine Stimme verleihen! Vielen Dank!

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